Vom Glauben und Mythos einer Heiligen

Ihr Leben ist ein Mysterium. Wie bei kaum einer anderen Figur ranken sich zahlreiche Legenden und Mythen um die „Gefährtin Jesu“ und entsprechend polarisiert die Darstellung der Heiligen bis heute: Maria Magdalena. Wird manchmal ihr biblisches Auftreten als „Apostelin der Apostel“ als feministisches Vorbild gedeutet, ist sie auch oft eine Ikone der Hoffnung und Liebe und Symbol für die Kraft der Erlösung und der Liebe Gottes. Andere hingegen sehen in ihr die Jüngerin mit dem verruchten Image, die Sünderin, die „Heilige Hure“, die Jesus die Füße salbte. Wieder andere deuten sie als Geliebte oder Ehefrau Jesu und Mutter seiner Kinder. Genau diese Ambivalenz faszinierte viele Künstler in der Vergangenheit und inspiriert Kunstschaffende noch heute zu immer neuen Darstellungen. In Reminiszenz an das auf Schloß Voigtsberg dauerhaft präsentierte Ölgemälde „Heilige Maria Magdalena mit dem Salbgefäß“ aus der Werkstatt von Lucas Cranach d. Ä. widmen die Museen Schloß Voigtsberg eben jener Heiligen eine eigene Ausstellung. Unter dem Titel „Maria Magdalena – Glaube und
Mythos“ verfolgt die Schau ihre Spuren, beleuchtet die historischen Hintergründe, zeigt die Wandlung in der Darstellung der Heiligen innerhalb der vergangenen Jahrhunderte und schlägt die Brücke bis zur modernen Kunst und Popkultur. So ist neben Lady Gagas opulentem Auftritt als eben jene Maria Magdalena im Musikvideo „Judas“, der Rezeption in dem Song „(I`ll never be) Maria Magdalena“ von Sandra auch moderne Installationskunst aus Litauen, Italien oder Südamerika zu erleben. Der Bereich der zeitgenössischen Kunst wird als eine Art Bestandsaufnahme aktueller Magdalenen-Darstellungen gleich zu Beginn der Ausstellung neben popkulturellen Referenzen an die Heilige – u.a. in Form von Comics, Musiktiteln oder filmischen Werken - präsentiert. Gerade in den aktuellen Interpretationen ist die große Unterschiedlichkeit künstlerischer Positionen zu beobachten, die je nach Interesse des Künstlers einem stärker religiösen, emotionalen, mythischen oder esoterischen Ansatz zuzuordnen ist. Weniger bekannt ist hier etwa auch, dass in einigen erzgebirgischen Städten Maria Magdalena als Heilige der Bergleute verehrt wurde und wird. Ihr Gedenktag wurde bereits vor 1539 sowohl in Freiberg als auch in Schneeberg als Feiertag begangen, ab 1842 wurde dieser Tag offiziell als Streittag begangen - im Gedenken an Maria Magdalena und an die vergangenen Kämpfe der Bergleute für eine
Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen. In Freiberg fand zunächst 1908 der letzte Streittag statt, bis 1983 die Fachgruppe Bergbaugeschichte Freiberg die Tradition der Feier des Maria-Magdalenen-Tages wiederbelebte. Deshalb ist ein Exponat der Ausstellung auch die Darstellung von Maria Magdalena in „klassischer“ Haltung mit Salbgefäß – gerade auch in Blickbeziehung zur Darstellung auf dem Gemälde von Lucas Cranach – die in jahrelanger Arbeit entstandene Figur des Holzbildhauers Friedhelm Schelter, die Maria Magdalena als Schutzheilige der Bergleute präsentiert und von der Historischen Freiberger Berg- und Hüttenknappschaft e.V. zur Verfügung gestellt wurde. Ein weiterer Bereich der Ausstellung, hier in den historischen Räumen der ehemaligen „Schösserstube“ mit der opulenten Deckenbemalung von 1637 korrespondierend, ist altmeisterlichen Arbeiten vorbehalten. So sind dort Werke von Albrecht Dürer, Lucas Cranach, Godfried Schalcken oder Hendrick Goltzius vertreten, während in einem weiteren Teil altmeisterlich inspirierte Arbeiten von Werner Tübke, Michael Triegel oder Siegfried Otto Hüttengrund, der eigens für die Ausstellung ein Gemälde geschaffen hat, zu sehen sind. Die Sonderschau, die bis 27. Oktober auf der Burganlage zu erleben ist, zeigt dabei vor allem eines: bis heute polarisiert Maria Magdalena wie kaum eine andere biblische Figur. Im Rahmen der Exposition finden Begleitangebote für alle Altersgruppen und öffentliche Veranstaltungen ergänzend statt, Stationen wie die "Puzzlewand", bei der kleine Besucher verschiedene Gemälde mit Magdalenendarstellungen zusammen setzen können, sind erlebnisorientiert konzipiert.